Saturday, 25 October 2008
Why monkeys do not make good pets
(Video Still, part of the exhibition by Mariana Viega)
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"Landschaft ist Konstruktion. Sollte sie nicht künstlich angelegt sein (was hier natürlich der Fall ist), dann wird sie doch in unserem Blick entworfen, festgehalten und eingerahmt. Wir folgen einem sichtbaren oder unsichtbaren Horizont und halten die Reflektionsflächen, auf die das Sonnenlicht trifft, für echte Farben: den blauen See, die grauen Steine, den grünen Wald.
So zumindest wird Natur uns in der Fotografie präsentiert, die – ihrer eigenen imaginären Ideallandschaft auf der Spur – immer neue Variationen einer scheinbar ursprünglichen Umgebung produziert. Wir wissen ja, dass das Original nicht existiert, dass wir in jedem Bild, das wir aufnehmen oder betrachten, eine Vorstellung durch die nächste ersetzen und trotzdem in der Mitte eine Leerstelle zurückbleibt, die uns anzieht, uns antreibt zu weiteren Versuchen: Kopien, die ihre eigenen Irritationen und Inkommensurabeln hervorbringen. Was würde geschehen, wenn wir tatsächlich das Originalbild fänden, wenn wir uns in einer Umgebung befänden, die uns einschließt, uns umfasst und festhält? Eine Umgebung, in der wir weder Horizont noch Außen, weder Verweis noch Geschichte erkennen können, weil uns der distanzierte Blick nicht gelingen will, kurz: was würde passieren, wenn wir vor das zurückgehen könnten, was die Fotografie in unserem Blick entlarvt hat?
Säulen-Bäume öffnen die Vertikale, ohne das Blattwerk erreichen zu lassen. Schattenspender vielleicht, Finger-Stein-Einkerbungen, die ein Hochschwingen des Körpers ermöglichen, einen Sprung, ohne auf dem staubigen Boden aufzutreffen, ein Zusammenkauern hinter der trockenen, aufgerauten runden Fläche, die ein Loch in das grelle Tageslicht bohrt.
Tiergärten haben als Reste eines kolonialistischen Exotismus längst ihr Verfallsdatum erreicht, ohne dass man sie schließen könnte: die Affenhäuser wollen gefüllt werden. Endloser Kreislauf, Stillstand der Zeit.
Im ersten Moment scheint das Bild angehalten zu sein, doch dann ein verschobener Augenblick, eine schnelle Bewegung, ein Sprung gegen die Zeit…
Nur eine Katastrophe vermag die Zoomaschine zu unterbrechen: Bei einem Bombenangriff auf Sarajewo wurde ein Teil des Zauns beschädigt, so dass erschrockene Tiere durch die Stadt galoppierten, bevor es gelang, sie zu erschießen.
Nach der Bombadierung Berlins im 2. Weltkrieg warb man in allen Sektoren Arbeiter wie Freiwilligenverbände zur Beseitigung der Trümmer an. Eine der größten Trümmerdeponien lag auf dem Gebiet des 1954 neueröffneten Tierparks in Lichterfelde. Freiwillige des “Nationalen Aufbauwerks” halfen bei der Gestaltung des größten Landschaftstierpark Europas und integrierten wohl auch Teile der Ruinen Berlins, einer zerstörten Stadt, die sich jedoch bereits dem Wettstreit um das Sinnbild der modernen zweigeteilten Welt verschrieben hatte. Während das repräsentative Berlin im Osten und Westen vorausblickte, machte der Tierpark einen Doppelschritt zurück: über die Ruinen, einer romantisch verklärten Kopie hin zum imaginären Original der klassischen Antike, der sogenannten “Wiege der Kultur”.
Ein Vorausblick: Als das Bündnis griechischer Kleinstaaten nach dem Sieg über das persische Reich die regionale Vorherrschaft übernahm, verkörperte Aischylos in der ersten überlieferten Tragödie “Die Perser” den Anderen (ein erstes “becoming-other”). Aus Sicht der Besiegten schrieb er:.“Rettet alles, oder alles ist dahin”. Er wusste noch nicht, dass einige Affen später einen Sprung gegen die Zeit wagen würden…"
Oktober 2008, Bettina Wind
(Dieser Text ist für eine Ausstellung von Mariana Viegas in Berlin entstanden und Teil ihrer Installation)
Landscape is construction. If not artificially laid out (as is naturally the case here), then it is designed, retained, and framed within our gaze. We pursue a visible or invisible horizon and consider the reflective surfaces, upon which the sunlight strikes, to be true colours: a blue lake, grey stones, green forest.
This, at least, is the way nature is presented to us in photography, which – pursuing its own imaginary ideal landscape – produces ever new variations of a seemingly primordial environment. Although we realize the original we replace with an idea in every image that we record or observe does not exist, we are nonetheless still attracted by the fact that something central is still missing, driving us to further experiments: copies that produce their own irritations and moments of incommensurability. What would happen if we actually found the original image; if we found ourselves in an environment that enclosed us, enveloped us, and held us tight? What if we found ourselves in surroundings where we could make out no horizon or exterior, no reference or history, because we could not succeed in taking a distanced view? In short: what would happen if we could return to whatever existed before the view the photograph reveals to our sight?
Pillar trees open the vertical without reaching foliage. Shade providers perhaps, finger-stone indentations that allow one to swing one’ body upwards, to leap without landing on the dusty ground, to huddle behind the dry, roughened round surface that drills a hole in the glaring daylight.
As remnants of colonial exoticism, zoos have long since reached their ‘best before’ date, but no one has been able to close them: the monkey houses must be filled. An endless flow; time stands still.
In the first moment the image seems frozen, but then a moment’s hesitation, a quick movement, a leap out of time…
Only a catastrophe could interrupt the zoo machine. During a bombing raid on Sarajevo part of the fence was damaged, so that frightened animals galloped through the city until people managed to shoot them.
After the bombing of Berlin during the Second World War, workers and bands of volunteers were enlisted in all sectors to clear away the rubble. One of the largest repositories of rubble was on the grounds of the zoo in Lichterfelde, newly opened in 1954. Volunteers of the “Nationalen Aufbauwerk” (National Reconstruction Project) helped construct the largest landscaped zoo in Europe, thus also integrating parts of the ruins of Berlin, a destroyed city that itself was already devoted to the rivalry surrounding this epitome of the modern bipartite world. While representational Berlin looked forward in the East and West, the zoo took two steps backwards: across the ruins of a romantically exalted copy towards the imaginary original of classical antiquity, the so-called “cradle of culture”.
A look ahead: As the alliance of Greek city states assumed regional dominance after the victory over the Persian empire, Aeschylus, in the first surviving tragedy “The Persians”, personified the others (a first “becoming-other”). From the point of view of the vanquished he wrote: “Save everything, or all is lost”. He did not yet know that some apes would later venture a leap out of time…
October 2008, Bettina Wind
Translation by Sean Gallagher
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